Lade...
 

Der Konstruktivismus und die Mediation

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Archivseite.
Es geht um den Konstruktivismus als psychologische und philosophische Ausgangsbedingung. Bitte bachten Sie auch:

Theorien Verstehen mediatives Denken Wahrnehmung Konstruktivismus Gehirn Gedankengang Kreativität

Abstract: Der Begriff Konstruktivismus wird aus dem Lateinischen con, was so viel heißt wie zusammen und struere zusammengesetzt (konstruiert), das so viel bedeutet wie bauen. Beim Wort genommen bedeutet Konstruktivismus also zusammenbauen. Auf einem Portal, das sich mit der Mediation befasst, taucht natürlich die Frage auf: "Was hat das mit der Mediation zu tun?" und "Warum ist es für den Mediator wichtig, sich mit dieser Lehre auseinanderzusetzen?". Hier finden Sie die Antworten.

Einführung und Inhalt: Die Verbindung zur Mediation ergibt sich aus dem Verständnis der Wirklichkeit und dem Bedarf die Wirklichkeit zur Wahrheit und zur Realität abzugrenzen. Die Parteien verwenden die Begriffe oft synonym, was den Zugang zur Wahrheit erschwert. Auf dem Weg zu einer wahren Wirklichkeit spielt die Erkenntnis eine wichtioge Rolle. Genügt es, sich etwas im Kopf zu konstruieren?

Einführung

Zunächst sei darauf hingewiesen, dass der Begriff als ein Sammelbegriff zu verstehen ist, unter dem sich verschiedene Ausprägungen und Richtungen des Konstruktivismus zusammenfassen lassen. Der Urspung findet sich wohl in der Philosophie, wo die Idee schon bei den Skeptikern im vorchristlichen Jahrhundert aufgekommen war. Sie vertraten die Auffassung, dass die Grenze zwischen Erkennen und Verkennen der Realität fließend sei. Kant hat den Gedanken mit der These aufgeriffen, dass sich unsere Erkenntnisse nicht nach den Gegenständen ausrichten, sondern umgekehrt die Gegenstände nach unserer Erkenntnis. Wenn auch konstruktovistiosche Gedankenansätze bis in die Antike zurückzuverfolgen sind, war es wohl Giambattista Vico, der den Begriff Konstruktivismus ewrstm,als erwähnte, indem er 1712 den Unterschied zwischen rationalem Wissen und mystischer Eingebung erläuterte1

Die Gedanken über die Erkenntnis wurden durch Darwins Idee der Anpassung beflügelt und von Kybernetikern zu einem Eckpfeiler des Konstruktivismus ausgebaut. Ernst von Glasersfeld fasst in seiner Kleinen Geschichte des Konstruktivismus, die noch weitere Einflüsse für das Entstehen der konstruktivistischen Bewegung nachweist, den Grundgedanken des Konstruktivismus wie folgt zusammen2

Aus kybernetischer ebenso wie aus konstruktivistischer Sicht ist Wissen also das Repertoire der Begriffe und Begriffsstrukturen, mit denen der aktiv Erlebende angesichts einer unaufhörlichen Folge von Perturbationen vorübergehendes Gleichgewicht schafft und zu erhalten versucht. Niemals kann es eine Erkenntnis jener unabhängigen Außenwelt sein, die wir aus alter Gewohnheit für die erlebten Perturbationen verantwortlich machen möchten.

Ausprägungen

Die Idee des Konstruktivismus als Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Erkenntnis und Realität, beflügelte nicht nur die Philosophie. Sie verbreitete sich schnell in alle Disziplinen hinein. Außer der Philosophie findet sich der Begriff auch in der Psychologie, in der Soziologie usw. die insgesamt von einer aktiv-konstruktiven Natur des menschlichen Wissens ausgeht. Daneben gibt es gleichförmige aber anders konnotierte Begriffskonstrukte in der Kunst und in der Architektur.

Dieses Youtube-Video erläutert den Konstruktivismus, seine Herkunft und Auswirkungen

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Was ist Konstruktivismus?


Der Konstruktivismus versteht sich als ein Sammelbegriff, der z.B. die Teilgebiete und Varianten radikaler Konstruktivismus, relationaler Konstruktivismus, sozialer Konstruktivismus und soziokultureller Konstruktivismus erfasst.

Radikaler Konstruktivismus

Die philosophische Schule des radikalen Konstruktivismus wurde von Ernst von Glasersfeld und von Heinz von Förster begründet. Die Idee des radikalen Konstruktivismus geht davon aus, dass die persönliche Wahrnehmung nicht das Abbild einer Realität produzieren kann, welche unabhängig vom Individuum besteht, sondern dass Realität für jedes Individuum immer nur eine Konstruktion seiner eigenen Sinnesreize und seiner Gedächtnisleistung bedeutet. Er stellt den Begriff der Realität der Viabilität gegenüber, den er mit der Gangbarkeit gleichsetzt.3 Anders als die Realität, die von den Konstruktivisten übrigens nicht geleugnet wird, erlaubt die Viabilität verschiedenen Möglichkeiten zur Interpretation der Wirklichkeit. In dem folgenden Video kommt Ernst von Glaserfeld selbst zu Wort:

Dieses Youtube-Video erläutert Ernst von Glaserfeld den radikalen Konstruktivismus.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Glasersfeld erklärt den Radikalen Konstruktivismus

Relationaler Konstruktivismus

Der relationale Konstruktivismus mag als eine Weiterentwicklung des radikalen Konstruktivismus verstanden werden. Zwar geht auch er davon aus, dass die menschlichen Realitätskonstrukte auf einen subjektiven Kern zurückzuführen sind. Der Begründer, Björn Kraus, geht allerdings davon aus, dass die Realitätskonstrukte des Menschen nicht beliebig sein können, sondern auf einer Doppelbindung beruhen, die von der sozialen und materiellen Realität geprägt werden.4

Abgrenzung zum Realismus

Im Gegernsatz zum Konstruktivismus betont der Kritische Realismus, dass es eine objektive Realität gibt, die unabhängig von unserem Denken und Bewusstsein existiert. Diese Realität besteht aus verschiedenen Ebenen oder Schichten, von denen einige möglicherweise verborgen oder nicht direkt beobachtbar sind. Diese verborgenen Schichten können jedoch kausale Kräfte und Mechanismen enthalten, die Ereignisse und Phänomene in der beobachtbaren Welt beeinflussen. Er betont die Unterscheidung zwischen dem, was beobachtet werden kann (Empirie) und den zugrunde liegenden Ursachen und Mechanismen (Ontologie). Im Vergleich zum Konstruktivismus vertritt der Kritische Realismus eine objektivere Sichtweise auf die Realität und konzentriert sich darauf, kausale Zusammenhänge zu verstehen. Der Konstruktivismus hingegen legt den Schwerpunkt auf eine subjektivere Sichtweise und konzentriert sich auf die Konstruktion von Bedeutungen und Wissen.

Bedeutung für die Mediation

Der Mediator muss sich nicht dafür interessieren, was genau die Realität ist und was nicht. Er muss sich auch nicht für das eine oder das andere Konzept entscheoden. Er sollte allerdings wissen, dass die Bedeutungszuschreibungen (also die aus der Wahrnehmung resultierenden Bewertungen) der Parteien nicht zwingend die Wirklichkeit darstellen. Die Vorstellungen von Wirklichkeit der Parteien können voneinander abweichen, ohne dass es auf die Frage ankommt, wer Recht hat oder nicht. Keineswegs ist der Konstruktivismus als ein Freibrief zu verstehen, die Fakten zu verdrehen. Er bezieht sich auf Erkenntnisse und gesteht dem Menschen zu, dass sie von der Realität abweichen können. In beiden Konzepten wird der Mediator also versuchen, die Sicht auf die Wirklichkeit mit den erlebten und im Menschen jeweils entstandenen Vorstellungen abzugleichen. In beiden Fällen wird eine Transformation angestrebt. Meinungen und Werte relativieren sich, nicht jedoch die Fakten.

Das Wissen über den Konstruktivismus kommt dem Mediator zugute, weil die Bedeutungszuschreibung eine wichtige Rolle spielt, wenn es darauf ankommt, die jeweiligen Sichten der Parteien nachzuvollziehen. Es hilft ihm, wenn er die Erklärungsansätze für die Unterschiedlichkeit der Sichten kennt und weiß, wo die Ansatzpunkte für diese Unterschiedlichkeit zu finden sind. Mit diesem Wissen werden die jeweiligen Konstrukte der Parteien nicht nur besser nachvollziehbar. Sie lassen sich gegebenenfalls auch auf Einflüsse zurückführen, wo Gemeinsamkeiten zu finden sind.

Den Mediator kennt unter anderem den Einfluss von Wahrnehmungs- und Denkfehlern, sodass es mit seiner Hilfe möglich sein sollte, ein übereinstimmendes Bild von Realität zu etablieren. Unter Umständen genügt es schon, wenn die Parteien die Unterschiedlichkeit akzeptieren können. Hilfreich sind die Bilder und Überlegungen von Watzlawick, die einen anschaulichen Eindruck von der Konstruktionsfähigkeit des Menschen hinterlassen. Über den Umweg der Dekonstruktion und anderen Formen der Sichtveränderung lassen sich auch neue Konstrukte erschaffen.

Der Umgang mit Fakten Meinungen und Emotionen Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Dekonstruktion

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2023-10-06 00:47 / Version 21.

Aliase: radikaler Konstruktivismus
Siehe auch: Wirklichkeit
Prüfvermerk: -


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Montag November 25, 2024 09:18:56 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 6 Minuten